Interview mit Dr. Antje Bischoff

PYROPHOB: Erforschung feuerabweisender Wälder im Zeitalter der Klimakrise

Projektsteckbrief

Acht Verbundpartner verschiedener Disziplinen arbeiten bei dem Forschungsprojekt PYROPHOB („feuerabweisend“) zusammen, um zu erforschen, wie sich Wälder gegen Brände und Klimaerwärmung wappnen können.

Dr. Antje Bischoff ist bei der Wildnisstiftung verantwortlich für das Projekt PYROPHOB. In einem Interview gibt sie Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Forschungsprojekt.


Worum geht es im Projekt PYROPHOB?

“PYROPHOB ist ein großes Forschungsprojekt zu Waldbränden und ihren Folgen. Die vielen Brände der letzten Jahre haben leider gezeigt, dass die Klimakrise vor unserer Haustür angekommen ist. Fakt ist: Große Waldbrände sind immer dramatische Ereignisse für Mensch und Natur. So traurig das ist, aber wenn es nun einmal gebrannt hat, sollten wir wenigstens herausfinden, wie sich die abgebrannten Flächen entwickeln, wie man künftig mit ihnen umgehen kann. Da setzt PYROPHOB an. Uns interessiert, welche Art von Wäldern wir in Zeiten zunehmender Waldbrandgefahr brauchen. Wie sie beschaffen sein sollten, damit sie nicht mehr so schnell abbrennen, also „pyrophob“, das heißt feuerabweisend sind.“

 

Was erhofft man sich vom Projekt? 

“Die große Chance – und damit auch die Hoffnung – des Projekts liegt im ganzheitlichen Ansatz: Acht Institutionen erforschen in einem riesigen Freilandlabor die Auswirkungen der Brände, und zwar sowohl im Wirtschaftswald als auch im Wald-Totalreservat auf unseren Stiftungsflächen. Wir untersuchen nicht nur die Abiotik, das heißt Wasser, Boden und Klima, und Biotik, also Flora, Fauna und Pilze, sondern auch Waldökologie und -pflegemaßnahmen. Wie ich eingangs sagte: Wir erhoffen uns wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse darüber, wie klimawandelresiliente Wälder von morgen aussehen sollten und wie wir letztlich Waldbränden vorbeugen können. 

So ein Gesamt-Forschungspaket wie PYROPHOB ist in Deutschland übrigens einmalig. Das ist einer der Gründe, warum das Umwelt- und das Landwirtschaftsministerium es im Rahmen des Waldklimafonds seit Mai 2020 fördern. “

 

Gibt es schon interessante Ergebnisse?

“Ja, auf jeden Fall. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Flächen. Dort wo nicht gleich alles abgeräumt wurde, scheint das Mikroklima ausgeglichener zu sein, da scheinen geringere Sickerwassermengen, aber auch geringere Nährstoffauswaschungen stattzufinden. Das stellte Prof. Thilo Heinken von der Universität Potsdam bereits letztes Jahr in einem Radiointerview klar.

Oder nehmen wir die Bäume: Die natürliche Verjüngung war nach den Bränden auf den Flächen munter im Gange. Wir konnten beobachten, dass sich eine sehr große Zahl von Bäumen einstellte, die sich tatsächlich durch Samen-Anflug etablierten. Das waren vor allem Zitterpappeln. Die Vegetation kam also zurück – und zwar vielfältiger als vorher. Auch nachdem es letztes Jahr erneut auf den Flächen gebrannt hat, schlugen die Zitterpappeln schon nach wenigen Wochen wieder aus. Im wahrsten Sinne des Wortes wie Phoenix aus der Asche. Die Natur hilft sich selbst. “

 

Warum ist das Projekt so wichtig?

“In meinen Augen müssen wir aufgrund zunehmender Waldbrandgefahr dringend umsteuern und den Waldumbau vorantreiben. Gerade die Kiefernmonokulturen in Brandenburg sind problematisch. Unsere Wälder brauchen mehr Strukturen, die den Boden kühlen und die Wasserrückhaltung verbessern. Dazu gehört auch starkes Totholz, das sich zersetzt und Humus bildet. Verrottendes Holz speichert Wasser, bewahrt den Waldboden und die Krautschicht vor schnellem Austrocken und bietet unzähligen Organismen wie Pilzen und Insekten einen Lebensraum. Die bisherigen PYROPHOB-Ergebnisse stützen diese Forderung. Deshalb ist das Projekt so wichtig - es hat Vorbildfunktion.”

 

Was persönlich fasziniert Dr. Antje Bischoff an dem Projekt PYROPHOB? 

“Mich fasziniert, Teil eines Projekts zu sein, das in meinen Augen wirklich am Puls der Zeit ist – trotz oder gerade wegen der traurigen Brand-Anlässe. PYROPHOB macht mir Hoffnung, dass Waldumbau längerfristig gelingen kann. 

Persönlich habe ich unter allen Untersuchungsobjekten meine Favoriten: Die Pilze. Nicht nur, dass sie wunderbare Namen wie Kohlenschüppling oder Brandstellenmürbling tragen – was zeigt, dass sie bereits wenige Tage nach dem Brand erscheinen – sondern sie bauen in nur wenigen Monaten maßgeblich toxische Substanzen ab. Natürlich zersetzen Pilze auch Totholz, Laub und Nadeln und machen damit Nährstoffe für andere Lebewesen verfügbar. Manche Pilzarten sind Symbiosepartner auskeimender Jungpflanzen. Diese so genannte Mykorrhiza-Verbindung macht die Wiederbesiedlung oft erst möglich. Deshalb sind Pilze für mich die heimlichen Helden nach einem Waldbrand.”

Dr. Antje Bischoff

Forschung und Monitoring

Stiftung Naturlandschaften Brandenburg - Die Wildnisstiftung

 

„PYROPHOB“ wird als ausgewähltes Modellprojekt über eine Laufzeit von 5 Jahren vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen der Förderrichtlinie Waldklimafonds über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert.